Sauber und Fair?!
Lokales Projekt zu Textilkreislauf und alternativer Textilgewinnung in Kooperation mit dem Netzwerk Fredenberg
26. - 30.09.16
an unterschiedlichen Orten am Fredenberg
Das Thema:
Textilien gehören als Kleidung, Haus- und Heimtextilien zu den menschlichen Grundbedürfnissen in unserem Kulturkreis. Kleidung als Mittel der Selbstausdrucks und der Identifikation hat darüber hinaus auch eine psychosoziale Bedeutung: Unser Mode - Konsum schafft ein grenzenloses Textilangebot und die finanziellen Möglichkeiten der Abnehmer/innen bewirken, dass immer mehr Textilien konsumiert werden.
Jährlich werden in Deutschland mehr als 2.000.000 Tonnen Textilien gekauft, das entspricht 24 kg pro Einwohner im Jahr. Jede/jeder Deutsche verbraucht davon pro Jahr rund 11 Kilogramm für Bekleidungstextilien. Hierfür werden ca. 450 € ausgegeben. Das entspricht etwa fünf Prozent der monatlichen Konsumausgaben. Über 60 % der gebrauchten Textilien werden bei Altkleidersammlungen und in Altkleidercontainern erfasst. Etwa 2 % davon wird in Secondhand-Läden weiterverkauft. Die restlichen 40 % tragbarer Kleidung werden weitergegeben – zu einem geringen Teil an karitative Einrichtungen. Der Großteil wird von Händlern ins Ausland nach Afrika, Südamerika oder Südostasien verkauft. Etwa die Hälfte aller dieser Textilien landet also auf der Deponie oder wird thermisch entsorgt.
Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahren stehen an der Spitze des Textilkonsums. Bei der Gewinnung von Baumwolle als häufigster Textilfaser zeigt sich auch die ökologische Problematik in besonderer Weise: hochtechnisierter Großanbau mit extrem hohem Einsatz von Chemikalien in Form von Pestiziden und Düngemitteln führt zu Großräumiger Verseuchung von Luft, Boden und Grundwasser mit gesundheitlichen Folgen. Der hohe Wasserverbrauch begünstigt die Austrocknung von Flüssen und Senkungen des Grundwasserspiegels. Die Ausbreitung der Wüsten wird insgesamt begünstigt. Gentechnisch veränderte Baumwolle zeitigt hohe Folgekosten. Die willkürlichen Weltmarktpreise treiben v.a. Kleinbauern in den Ruin.
Die Folgen der Produktionsmethoden globaler Textilindustrie sind auch in Deutschland spürbar. Die Chemikalien, die eingesetzt werden, um Textilien nachzubearbeiten, gelangen über die Kanalisation in die Flüsse und schließlich in die Nahrungskette.
Die Textilindustrie verbraucht jedes Jahr über 250.000 Tonnen Farbstoffe und vier Millionen Tonnen Laugen oder Salze. Erkrankungen bei den Textilarbeiterinnen und Schadstoffe in Gewässern sind die Folge.
Hinzu kommt der immense Wasserverbrauch, der mit der Produktion von Kleidung einhergeht, insbesondere beim Anbau von Baumwolle. Laut Umweltstiftung WWF sind für die Produktion von einem Kilogramm der Fasern zwischen 22.000 und 25.000 Liter Wasser nötig.
Die deutsche Bekleidungsindustrie hat aufgrund höherer Umweltstandards und steigender Löhne schon seit den 1970-er Jahren ihre Produktion fast ausschließlich nach Asien verlagert. Die überwiegend weiblichen Beschäftigten können dabei durch die mageren Stundenlöhne kein Existenz sicherndes Einkommen erzielen.
Aber gibt es dazu Alternativen? Für eine nachhaltig orientierte Entsorgung von Textilien stehen die Begriffe: Wiederverwendung und Weiterverwertung. Aus ca. 35 % der gesammelten Bekleidungstextilien werden Putzlappen, 10% wandern in die Vlies- und Reißstoffindustrie. Jede Wiederverwertung erfordert immer noch mehr Energie und Kostenaufwand, als die Herstellung von Kleidung aus Primärrohstoffen. Das Problem der Entsorgung der Textilien ist keineswegs gelöst. Am Beginn einer sinnvollen nachhaltigen Lösung muss ein Nachdenken über unsere Konsum- und Wegwerfmentalität stehen.
Ist z.B. die nachhaltige Produktion in der Textilindustrie der Schlüssel zur Lösung der Probleme? Hier müsste die gesamte textile Kette, von der Rohfaser bis zum Fertigprodukt beleuchtet werden. Fragestellungen von der Faserproduktion bis zur Textilveredelung werden zu beantworten sein. Dabei werden Themen wie Umweltauswirkungen, Wasserverbrauch, Einsatz weiterer Ressourcen, Treibhausgasemissionen, Gifte, Pestizide, Gentechnik oder Auswirkungen auf die Ökosysteme aufgeworfen.
Nicht zuletzt entscheiden die Konsumenten über die Umweltauswirkungen von Kleidung. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Menge der konsumierten Textilien: weniger und dafür langlebigere Textilien tragen dazu bei, die Umweltauswirkungen wesentlich zu verringern. Auch der Kauf von Bekleidung aus ökologisch produzierten Naturfasern, z.B. aus Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau, verringert die Umweltbelastungen spürbar. In den letzten Jahren hat sich eine „bio-faire“ Modeszene entwickelt. Große Firmen bieten immer öfter Kleidungsstücke mit einem nachhaltigen Mode- oder Fairtrade – Label an.
Wie viel Kleidung braucht der Einzelne wirklich? Muss es Massenmode aus dem Laden sein?
In vielen Städten gibt es Second-Hand-Läden, auch Bekleidungsbörsen oder Kleider- Tausch- Partys machen die Runde. Kleidungstausch und das Kreieren neuer Styles? Bekleidung made in Germany wird propagiert, wiederverwendbare Kleidung oder die bessere Nutzung von Ressourcen diskutiert.
2. Zielsetzung
Mit dem vorliegenden Projekt wollen sich die Bewohner/innen Fredenbergs (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) mit der aktuellen Bekleidungssituation in ihrem Umfeld auseinander setzen. Die Fragestellung wird sein: was macht „saubere Kleidung“ aus? Was kann ich tun, um bewusster auf die geschilderte Situation zu reagieren? Welche Möglichkeiten hat der Einzelne in unserer Gesellschaft, um die sozialen, politischen, ökologischen und ökonomischen Probleme, die mit der derzeitigen Kleidungsproduktion verbunden sind, zu mildern?
Mit Unterstützung eines breiten Netzwerkes von Schulen, Kitas, Einrichtungen und Vereinen am Fredenberg sowie fachlicher Begleitung der Umweltverbände soll ein Programm erarbeitet werden, das die Bandbreite alternativer Handlungsmöglichkeiten aufzeigt und bestenfalls praktisch erprobt. Bewohner/innen sollen dadurch in die Lage versetzt werden, sich aktiv mit den Themenbereichen auseinanderzusetzen. Es soll nach Lösungen gesucht werden, wie ein sinnvoller und bewusster Umgang mit Kleidung im Stadtteil-Umfeld aussehen könnte. Welche Forderungen können auf der Stadtteilebene von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gestellt werden? Welche neuen Erfahrungen können gemacht werden. Durch die Einbindung von Politik und Verwaltung soll die allgemeine Wahrnehmung zum Thema Textilproduktion gestärkt werden.
3. Inhalte
Im Rahmen einer Projektwoche werden in den unterschiedlichen teilnehmenden Einrichtungen verschiedene Gesichtspunkte zum Thema Kleidung bearbeitet. Die Gesamtheit der Teilprojekte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wird ein Bild zeichnen über die Nachhaltigkeitsaspekte im Umgang mit Kleidung. Dabei werden Themen aus der gesamten Produktionskette erörtert wie z.B. auch Kinderarbeit, Arbeitsschutz, die ökologischen und sozioökonomischen Folgen der heutigen Textilproduktion. Über allem steht der Versuch, die Verantwortung für diese Entwicklung auch aus dem spezifischen Konsumverhalten in unserer Gesellschaft abzuleiten und die Auswirkungen des Kaufs von Billigkleidung genauer anzuschauen. Wer z.B. durch den Kleiderkauf in Deutschland solche Arbeitsbedingungen und Umweltschäden nicht unterstützen möchte, sollte beim Einkaufen auf Produkte aus Bio-Baumwolle achten oder auf Öko- und Sozialsiegel. Hier wird aber oft deutlich, dass nicht die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird.
Auch wie Jugendliche ihren Blick für die Probleme der globalisierten Textilindustrie schärfen können und mehr Nachhaltigkeit in ihren Kleiderschrank bringen, könnte mit dieser Projektwoche deutlich werden. Die Schülerinnen und Schüler, die Kinder der Kitas, die Jugendlichen und Erwachsen werden in unterschiedlichen Teilprojekten zu einem verantwortungsvolleren Konsum angeregt. Das Aufzeigen und Erproben von Alternativen steht dabei im Vordergrund.
Die geplanten Aktivitäten reichen insgesamt von praktischer Umweltarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bis zu Bildungsaktivitäten (Vortrag, Film, Podiumsdiskussion und Ausstellung,).
Plakat und Programmflyer
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